Welthandel stabilisiert sich
„Die ersten Schockwellen der russischen Invasion in der Ukraine für den globalen Warenaustausch sind offenbar verdaut, und die Handelsdaten im April stabilisieren sich. Fast alle wichtigen Volkswirtschaften können Zuwächse oder zumindest eine Seitwärtsbewegung erwarten“, sagt Vincent Stamer, Leiter Kiel Trade Indicator.
Laut jüngstem Datenupdate des Kiel Trade Indicator für April dürfte der Welthandel im Vergleich zum Vormonat um 2,1 Prozent zulegen (preis- und saisonbereinigt). Für Deutschland lassen die Schiffsbewegungen auf eine positive Entwicklung gegenüber dem März schließen, sowohl Exporte (+3,2 Prozent) als auch Importe (+1,4 Prozent) liegen im Plus. Gleiches gilt für die EU, ihre Exporte dürften um 0,7 Prozent steigen, ihre Importe um 1,1 Prozent.
In den USA dürften die Exporte im April mit einem Zuwachs von fünf Prozent klar im positiven Bereich liegen, für die Importe zeichnet sich ein Minus von 1,4 Prozent ab. In China deutet sich sowohl bei Exporten (0,0 Prozent) als auch bei Importen (-0,9 Prozent) eine Stagnation und damit ein Handel auf Märzniveau an.
„Der Lockdown in Shanghai bremst zwar Chinas Exportwachstum aus, Rückgänge im Handel scheinen sich aber auf den Hafen von Shanghai zu beschränken. Der Abstand der Warenausfuhren hat sich im Vergleich zu Chinas übrigen Häfen auf ein Minus von rund 25 Prozent eingependelt. Das heißt aber auch: Trotz Lockdown verlassen immer noch ein Großteil aller Güter den Hafen, das ist ein gutes Zeichen für die weltweiten Lieferketten“, so Stamer.
Die weltweiten Staus im Containerschiffnetzwerk verharren auf hohem Niveau, rund elf Prozent aller weltweit verschifften Waren stecken im Stau.
Für Russlands Handel zeichnet sich im April eine Bodenbildung nach den teils herben Einbrüchen der vergangenen drei Monate ab. Im Vergleich zum März dürften die Exporte nur moderat zurückgehen (-1,6 Prozent), die Importe könnten zulegen (+2,3 Prozent). „Russland beginnt womöglich damit, Importe aus Europa mit Importen aus Asien zu substituieren. Dafür spricht, dass im Hafen von Noworossijsk im Schwarzen Meer zuletzt wieder deutlich mehr Containerschiffe eingelaufen sind, wohingegen der in den Europahandel eingebundene Hafen von St. Petersburg weiter Rückgänge verzeichnet“, so Stamer. „Dies könnte ein erstes Indiz für Handelsumlenkungen sein. Umso wichtiger ist es, ökonomische Anreize für Länder wie Indien zu schaffen, sich Europa und nicht Russland anzunähern.“