„Verbesserungen ohne Aufschwungsqualität“
Die Stimmung ist besser als im Spätherbst 2022: Mehr als jedes dritte befragte Unternehmen rechnet für dieses Jahr mit einer höheren Produktion als noch im Vorjahr. Damit gibt es wieder mehr Optimisten als Pessimisten, wie die neue Konjunkturumfrage des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW) zeigt. Doch ein echter Aufschwung bleibt wohl aus, heißt es in einer IW-Pressemitteilung weiter.
Danach blickten deutsche Unternehmen deutlich optimistischer auf das laufende Jahr als noch Ende 2022. Während im Herbst 39 Prozent der befragten Firmen einen Geschäftsrückgang für 2023 erwarteten, waren es im März und April 2023 nur noch 26 Prozent. Dagegen gehen nun 36 Prozent von einem Zuwachs aus, im Spätherbst waren es nur 26 Prozent. Das bringe auch gute Aussichten für den Arbeitsmarkt: Mehr als jedes dritte Unternehmen will mehr Mitarbeiter einstellen als im Vorjahr, nur 24 Prozent planen damit, Stellen abzubauen. Auch die Investitionen sollen ausgeweitet werden, nachdem Pandemie und Krieg hier zuletzt gebremst hatten. 37 Prozent der Unternehmen wollen mehr investieren als im Vorjahr, 24 Prozent rechnen mit geringeren Investitionen. Insgesamt befragte das IW 2.327 Unternehmen.
Industrie und Servicebereich optimistischer
Sowohl in der Industrie als auch im Dienstleistungssektor kehre damit der Optimismus langsam zurück. Nur in der Bauwirtschaft seist die Stimmung weiterhin schlecht, die Produktionserwartungen hätten sich zwar auch hier verbessert – die Pessimisten dominierten aber nach wie vor.
Kein Aufschwung erkennbar
„Die Unternehmen können die gesamtwirtschaftliche Lage nun besser einschätzen als vor ein paar Monaten“, sagt IW-Ökonom Michael Grömling, der die Unternehmen regelmäßig befragt. Trotzdem könne von Aufschwung noch keine Rede sein. „In früheren Aufschwungsphasen wie nach der globalen Finanzmarktkrise oder der europäischen Schuldenkrise war die Stimmung der Unternehmen deutlich besser. Hohe Energiekosten und der mittlerweile langjährige Investitionsstau belasten die Unternehmen noch auf geraume Zeit“. Die vergleichsweisen schlechten Erwartungen der Baubranche und einiger Bundesländer seien Grund zur Sorge, so Grömling.
Anfang Mai hatte der US-amerikanische Finanzdienstleister S&P Global informiert, dass die deutsche Industrie im April von den weiter zurückgehenden Lieferengpässen profitiert habe. Gleichzeitig halte aber die Nachfrageflaute im Verarbeitenden Gewerbe an. Der HCOB Einkaufsmanagerindex Deutschland (EMI) notierte im April bei 44,5 Punkten und damit – nach 44,7 im Vormonat – auf dem tiefsten Stand seit Mai 2020. Zum wiederholten Mal wurde der Hauptindex vom Teilindex Lieferzeiten nach unten gezogen. Dieser erreichte den dritten Monat in Folge ein neues Rekordhoch. Verkürzte Lieferzeiten werden normalerweise mit sinkender Nachfrage in Verbindung gebracht und daher bei der Berechnung des Industrie-PMI invertiert.
„Lässt sich an der jüngsten Entwicklung des EMI bereits eine erste, leichte Konjunkturerholung in Deutschland erkennen? Die Antwort darauf ist schwierig“, betonte BME-Vorstandsvorsitzende Gundula Ullah. Denn noch immer trübten die stagnierende Wirtschaftsleistung, die anhaltend hohe Inflation sowie die zahlreichen internationalen Krisenherde die Stimmung in den Chefetagen vieler Unternehmen.
Save the Date: Die finalen Daten zur Entwicklung des EMI werden am 1. Juni 2023 von S&P Global veröffentlicht.