EMI: Aufschwung in der Industrie verliert an Dynamik
Die Geschäfte im Verarbeitenden Gewerbe florierten auch im November. Das zeigt der saisonbereinigte IHS Markit/BME-Einkaufsmanager-Index (EMI), der mit 57,8 Punkten weiter fest in der Wachstumszone notierte. Kleiner Wermutstropfen war der leichte Abfall vom 2,5-Jahreshoch im Oktober (58,2) und der damit verbundene erste Rückgang des EMI seit sieben Monaten, teilte der englische Finanzdienstleister IHS Markit mit. Den EMI-Daten zufolge verlor die deutsche Industrie leicht an Schwung, da sowohl Produktion als auch Auftragseingang aufgrund der zweiten Corona-Welle und neuer Lockdowns im In- und Ausland etwas langsamer anstiegen. „Noch ist unklar, wie lange die Corona-Krise dauert und wie hart der jüngste Lockdown die Industrieunternehmen trifft. Mut macht uns aber, dass viele Umfrage-Teilnehmer ihre Geschäftslage auch im November positiv beurteilt haben“, betonte Dr. Silvius Grobosch , Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME), in Eschborn. Aufmerksam verfolge der BME zudem die weitere Entwicklung der Einkaufspreise, die binnen vier Wochen deutlich gestiegen sind. Sie seien ein Indiz dafür, dass der Kostendruck in der Industrie weiter zunimmt. „Nach einer fulminanten Gegenbewegung des BIP-Wachstums im dritten Quartal von 8,5 Prozent zum Vorquartal stellt sich jetzt die Frage, inwieweit der Lockdown Light aus dem November auch die Industrie beeinträchtigt. Bislang sind die Indikatoren noch gut“, kommentierte Dr. Gertrud R. Traud , Chefvolkswirtin der Helaba Landesbank Hessen-Thüringen, auf BME-Anfrage die aktuellen EMI-Daten. Auch der EMI habe sich im November im Vergleich zur Stimmung in den Dienstleistungssektoren recht gut halten können. „Wir erwarten, dass das vierte Quartal leicht rückläufig sein wird – nichts im Vergleich zum Frühjahr. Im Jahresdurchschnitt ergäbe sich daraus ein Rückgang um 5,4 Prozent. Damit unsere Prognose für 2021 von fünf Prozent BIP-Wachstum eintreten kann, dürfen die Beschränkungen nicht auf die Industrie ausgeweitet werden. Es gilt also weiterhin ein großes Abwägen zwischen Kontaktbeschränkungen, Lockdowns etc. und einer dynamischen Wirtschaft“, fügte die Helaba-Bankdirektorin hinzu. „Wir erhalten gegenwärtig einen weiteren Erklärungsbaustein für die Frage, ob kurze harte Lockdowns aus ökonomischer Sicht besser sein könnten als gemäßigtere, aber länger währende. Die deutsche Corona-Strategie der zweiten Welle führt bei den Unternehmen insbesondere zu einer Eintrübung der Erwartungen, was verdeutlicht, dass diese mit längeren Einschränkungen auch noch weit ins nächste Jahr hinein rechnen“, sagte Dr. Ulrich Kater , Chefvolkswirt der DekaBank, dem BME. Zur jüngsten Entwicklung des EMI-Teilindex Einkaufspreise sagte Dr. Heinz-Jürgen Büchner , Managing Director Industrials, Automotive & Services der IKB Deutsche Industriebank AG, dem BME: „Die Weltrohstoffpreise zogen im November 2020 auf Dollarbasis zum Vormonat um 4,6 Prozent an, was sich auch quer über alle Warengruppen zeigt. Die Hoffnung auf einen Impfstoff gegen Covid-19 beflügelte ebenso wie der Wahlausgang in den USA, mit der man die Hoffnung auf einen zuverlässigeren Umgang mit den Handelspartnern verbindet. Aber auch die deutlich verbesserte Auftragslage vieler Stahlwerke erlaubte Preisanhebungen im November. Die Spotmarktpreise für Eisenerz hatten zuletzt einen erheblichen Margendruck auf die Stahlpreise aufgebaut. Dieser konnte nun teilweise – Produktgruppen spezifisch divergierend – weitergegeben werden. Auch im ersten Quartal 2021 werden weitere Preissteigerungen bei etlichen Metallen sowie Rohöl möglich sein.“
Die Entwicklung der EMI-Teilindizes im Überblick:
Produktion: Der saisonbereinigte Teilindex Produktion notierte auch im November komfortabel über der Referenzlinie von 50,0 Punkten, womit sich der starke Wachstumskurs fortsetzte. Allerdings gab dieser nach dem annähernden Zehn-Jahreshoch im Vormonat leicht auf den niedrigsten Stand seit drei Monaten nach. Das lag vor allem am Rückgang im Konsumgüterbereich, der vom Lockdown und den Schließungen im Gast- und Freizeitgewerbe besonders hart betroffen war. Auftragseingang insgesamt: Deutschlands Hersteller konnten erneut ein kräftiges Plus im Auftragseingang verbuchen, wenngleich sich die Steigerungsrate vom Rekordhoch im Oktober leicht abschwächte und den Teilindex damit auf den niedrigsten Wert seit drei Monaten absacken ließ. Auftragseingang Export: Das Verarbeitende Gewerbe profitierte auch im November wieder maßgeblich vom starken Exportgeschäft. Zahlreiche Umfrage-Teilnehmer gaben an, vor allem von Kunden aus Europa und aus Asien (und hier besonders China) mehr Neuaufträge bekommen zu haben. Die Zuwachsrate ging auf ein Drei-Monatstief zurück, blieb aber im historischen Vergleich dennoch stark. Beschäftigung: Auch im November ging die Beschäftigung in der Industrie zurück. Viele der Befragten verwiesen in diesem Zusammenhang auf die nach wie vor geringe Auslastung in ihren Unternehmen seit Beginn der Pandemie sowie Kosteneinsparungen. Immerhin verlangsamte sich der Stellenabbau den vierten Monat in Folge und fiel so gering aus wie seit Juni 2019. Einkaufspreise: Der Kostendruck in der Industrie nahm im November weiter zu. So kletterte die Inflationsrate der Einkaufspreise auf den höchsten Stand seit Februar 2019. Laut Umfrage-Teilnehmern hoben viele Zulieferer aufgrund der stärkeren Nachfrage ihre Preise an, zudem verteuerten sich die Rohstoffpreise. Zu den als teurer gemeldeten Produkten gehörten eine Reihe von Metallen (insbesondere Stahl), Chemikalien sowie Elektronik und Verpackungsmaterialien. Verkaufspreise: Höhere Einkaufspreise bedeutete für viele Hersteller, ihre Verkaufspreise entsprechend anzuheben. Die zweite Steigerung in Folge beschleunigte sich leicht gegenüber dem Vormonat auf den höchsten Wert seit Mai 2019. Der Zuwachs fiel insgesamt aber moderat aus und milder als bei den Kosten, denn einige Unternehmen berichteten, dass der starke Wettbewerb um Neuaufträge die Preismacht nach wie vor limitiert. Geschäftserwartungen: Nach der kleinen Delle im Oktober verbesserten sich die Geschäftsaussichten im November wieder merklich. Mehr noch, der dazugehörige Teilindex kletterte auf den zweithöchsten Wert seit Beginn der Datenaufzeichnung im Juli 2012. Die jüngsten positiven Nachrichten im Zusammenhang mit der Entwicklung eines wirksamen Impfstoffes gegen das Coronavirus haben dem ohnehin schon großen Optimismus weiteren Auftrieb verliehen. Über den EMI: Der IHS Markit/BME-Einkaufsmanager-Index (EMI) gibt einen allgemeinen Überblick über die konjunkturelle Lage in der deutschen Industrie. Er ist eine Momentaufnahme der Geschäftssituation im Verarbeitenden Gewerbe – errechnet aus den Teilindizes für Auftragseingang, Produktion, Beschäftigung, Lieferzeiten und Vormaterialbeständen. Der Index erscheint seit 1996 unter Schirmherrschaft des BME. Er wird vom Anbieter von Unternehmens-, Finanz- und Wirtschaftsinformationen IHS Markit mit Hauptsitz in London erstellt und beruht auf der Befragung von 500 Einkaufsleitern und Geschäftsführern der verarbeitenden Industrie in Deutschland (nach Branche, Größe, Region repräsentativ für die deutsche Wirtschaft ausgewählt). Der EMI orientiert sich am Vorbild des US-Purchasing Manager´s Index (Markit U.S.-PMI). Medien-Anfragen zum EMI:
Frank Rösch, BME-Konjunktur- und Rohstoffmonitoring
E-Mail: frank.roesch@bme.de