Deutsch-britischer Handel rückläufig
Der Brexit macht den deutschen Unternehmen auch ein Jahr nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs (UK) aus dem europäischen Binnenmarkt stark zu schaffen. Mehr als zwei Drittel der Betriebe mit UK-Geschäft beklagen Zollbürokratie, mehr als die Hälfte direkt auf den Brexit zurückgehende Logistikprobleme und knapp die Hälfte die Zunahme tarifärer Handelshemmnisse. Das ergibt eine Sonderauswertung des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) im Rahmen der bundesweiten IHK-Umfrage „Going International 2022“. Darin waren Anfang Februar – und damit noch vor dem russischen Angriff in der Ukraine - knapp 1.500 deutsche Unternehmen mit Geschäftsverbindungen zu Großbritannien befragt worden. Allerdings melden insgesamt etwas weniger Betriebe Auswirkungen durch den Brexit als ein Jahr zuvor, geht aus einer DIHK-Pressemitteilung hervor.
„Wir sind weit davon entfernt, von einer Normalisierung der deutsch-britischen Handelsbeziehungen zu sprechen“, sagt DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier. „Das auf den letzten Drücker zwischen der EU und UK geschlossene Handelsabkommen hat zwar extreme Zollhürden und Marktbarrieren verhindert, für die Unternehmen kann es aber die Mitgliedschaft im EU-Binnenmarkt bei Weitem nicht ersetzen. Zudem stehen das Handelsabkommen sowie das Nordirlandprotokoll weiterhin auf tönernen Füßen. Großbritannien stellt die Vereinbarungen immer wieder in Frage und damit auch gewachsene Geschäftsbeziehungen. Der Brexit erzeugt insofern leider eine anhaltende Planungs- und Rechtsunsicherheit für international aktive deutsche Unternehmen, insbesondere für die mittelständische Wirtschaft.“
Nach wie vor erwäge jedes siebte in Großbritannien investierende deutsche Unternehmen eine Verlagerung seiner Aktivitäten von der Insel weg. Hauptdestination sei Deutschland, aber auch andere EU-Länder sowie die Schweiz oder Norwegen würden für das Rückholen von Produktion und Standorten erwogen. Insgesamt habe die deutsche Wirtschaft mit mehr als 160 Milliarden Euro im Vereinigten Königreich investiert. Das Land sei damit nach den USA der wertmäßig zweitgrößte Investitionsstandort deutscher Unternehmen weltweit. In rund 2.200 deutschen Niederlassungen auf der britischen Insel seien über 400.000 Mitarbeiter beschäftigt. „Der Brexit hat den deutsch-britischen Handel in den vergangenen fünf Jahren stark getrübt”, so Treier. Aktuell rangiere Großbritannien nur noch auf Platz zehn unter Deutschlands wichtigsten Handelspartnern. 2017 lag es noch auf Platz fünf.