BME-Informationspapier zur europäischen Lieferkettenrichtlinie: Hard Facts auf einen Blick
Die Mitgliedsländer der Europäischen Union haben sich am 15.03.2024 im Europäischen Rat auf eine europäische Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) geeinigt. Die EU-Richtlinie wurde aufgrund des andauernden Drucks insbesondere aus Deutschland erkennbar abgeschwächt, nichtsdestotrotz ist sie in weiten Teilen strenger als das deutsche Lieferkettengesetz.
Die zentrale Anpassung geschah im Anwendungsbereich. Dabei wurde das Konzept des Hochrisikoansatzes gestrichen. Der ursprüngliche Entwurf enthielt noch Vorschriften, die vorsahen, dass Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten und einem Nettoumsatz von mehr als 40 Millionen Euro der CSDDD unterfallen, sofern sie mindestens 20 Millionen Euro in einem Hochrisikosektor erwirtschaften. Als Hochrisikosektoren wurden dabei u. a. die Landwirtschaft oder die Textilbranche bewertet.
Die Richtlinie setzt auf eine stufenweise Anwendung nach Unternehmensgröße und Umsatz (Stand 15. März 2024):
- 3-jährige Umsetzungsfrist für Unternehmen mit mehr als 5.000 Beschäftigten und 1,5 Milliarden Euro Umsatz
- 4-jährige Umsetzungsfrist für Unternehmen mit mehr als 3.000 Beschäftigten und 900 Millionen Euro Umsatz
- 5-jährige Umsetzungsfrist für Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten und 450 Millionen Euro Umsatz
Weiterhin beziehen sich die einzuhaltenden Sorgfaltspflichten im Wesentlichen auf die gesamte Wertschöpfungskette. Unternehmen müssen die vorgelagerte als auch die nachgelagerte Kette im Blick haben.
Die CSDDD geht auch nach diesen Anpassungen weit über das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) hinaus. Der wesentliche Unterschied zum LkSG besteht darin, dass deutliche Verschärfungen in Bezug auf den Umweltschutz vorliegen – darunter u. a. alle messbaren Umweltbeeinträchtigungen wie schädliche Bodenveränderungen, Wasser- oder Luftverschmutzung, schädliche Emissionen, übermäßigen Wasserverbrauch sowie andere Auswirkungen auf die natürlichen Ressourcen.
In diesem Zusammenhang greift der Entwurf der CSDDD insbesondere das im Pariser Klimaabkommen festgelegte 1,5°C-Ziel auf. Nach der CSDDD verpflichtete Unternehmen müssen einen Plan erarbeiten und umsetzen, wie sie im Rahmen ihres Geschäftsmodells und ihrer Unternehmensstrategie dazu beitragen, das Klimaschutzziel zu erreichen. Um doppelte Berichtspflichten zu vermeiden, sind Unternehmen, die von der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) betroffen sind, ausgenommen.
Zudem müssen sich die betroffenen Unternehmen auf neue zivilrechtliche Haftungstatbestände einstellen, da die CSDDD bei Verstößen gegen die Sorgfaltspflichten eine zivilrechtliche Haftung gegenüber Privatpersonen einführt. Neben hohen Geldstrafen (bis zu 5 Prozent des weltweiten Umsatzes) können Unternehmen künftig also unter bestimmten Umständen auch mit Ansprüchen der Betroffenen konfrontiert werden.
Im nächsten Schritt muss der Kompromiss vom EU-Parlament gebilligt werden, im April 2024 haben die Abgeordneten die letzte Gelegenheit dazu, bevor im Juni dieses Jahres Neuwahlen anstehen. Innerhalb einer Frist von zwei Jahren muss die Richtlinie dann in nationales Recht umgesetzt werden – das hat die Anpassung des deutschen LkSG zur Konsequenz.